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Dynamischer Prozess: Zeitgeist prägt Weinkultur

09/11/2015

Auf dem diesjährigen Parlamentarischen Abend im Haus der Ernährungs- und Landwirtschaft in Berlin lieferten Ergebnisse einer nicht repräsentativen Befragung, initiiert durch den Deutschen Weinbauverband (DWV), Gesprächsstoff für lebhafte Diskussionen unter den zahlreich erschienenen Gästen.


Die Ergebnisse spiegelten die Meinung von Auszubildenden des Weinfachs einerseits und Weinkonsumenten andererseits zu folgender Frage wieder: "Was verstehen Sie unter Weinkultur"? Zahlreiche Bundestagsabgeordnete und Vertreter der Bundesministerien waren der Einladung des DWV gefolgt, um über "Wein und Kultur" zu diskutieren.

Stoff für konstruktive Diskussionen

Die Befragung, die von Kommunikationsfachmann Norbert Heine präsentiert wurde, zeigte auf, dass der Kulturbegriff sehr stark vom Produkt selbst geprägt ist. Genuss, das gemeinsame Weinerlebnis in der Gruppe oder das Thema Küche und Wein rangierten deutlich vor Begriffen wie Tradition, Landschaft oder historischen Aspekten der Weinkultur.

Weinkultur wird nicht statisch oder rückwärts gewandt verstanden, sondern als dynamischer Prozess, der den Prägungen des aktuellen Zeitgeists unterliegt. In der anschließenden Podiumsdiskussion machte die neue Deutsche Weinkönigin, Josefine Schlumberger, die Gäste nicht nur mit der Auszeichnung des Deutschen Weininstituts für "Höhepunkte der Weinkultur" bekannt, sondern setzte sich auch für kreative Ideen ein, um junge Menschen für eine moderne Weinkultur zu begeistern.

Tilmann Otto, der als Weinkulturbotschafter Gäste mit den kulturellen Highlights an der Mosel vertraut machte, wusste aus der Praxis über das große Interesse von Weintouristen an Weinkulturlandschaften und am Genießen in den Weinbaubetrieben zu berichten. Gerade ausländische Besucher nehmen diesen Service der Kulturbotschafter und Gästeführer gerne in Anspruch.

Professor Monika Christmann, Önologin an der Hochschule Geisenheim und Präsidentin der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV), verwies auf die unterschiedlichen weinkulturellen Traditionen und Vorstellungen rund um den Globus. Sie bezeichnete es als große Herausforderung und Chance für ihre Weltorganisation, eine Verständigung über weltweit geltende
Normen hinsichtlich der Weinherstellung und der Vermarktung zu erreichen und unter Berücksichtigung des technologischen Fortschritts weiter zu entwickeln. Christmann: "Weinkultur ist ein dynamischer
Prozess, der auch Innovationen verträgt und braucht."Das weinkulturelle Gewissen des Deutschen Bundestags ist das Parlamentarische Weinforum, dessen Koordinator Gustav Herzog, in die Diskussion eingriff. Herzog: "Für mich und meine Mitstreiter im Parlamentarischen Weinforum ist Wein ein Kulturgut, das es zu pflegen und zu erhalten gilt. Das sehen im Übrigen auch fraktionsübergreifend die meisten unserer Abgeordnetenkollegenso."

Bruno Gransche, der sich als promovierter Philosoph am Fraunhofer Institut für Innovationsforschung mit Zukunftsvisionen beschäftigt, spannte den Bogen zwischen allgemeinen Kulturtrends und weinspezifischen Entwicklungen, zwischen Tradition und Zukunft. Dr. Gransche: „Die Herausforderung für Zukunftsforscher ist es, auch Wechselwirkungen mit solchen (gesellschaftlichen) Entwicklungen zu erforschen, die auf den ersten Blick mit dem Produkt oder dem Konsum und dessen Werthaltung nicht in direkter Verbindung stehen. Das könnte ich mir für Wein besonders aufschlussreich vorstellen."

DWV-Präsident Weber hatte die zahlreichen Gäste begrüßt und in Ergänzung zum eigentlichen Thema des Parlamentarischen Abends einige aktuelle weinbaupolitische Fragen zur Sprache gebracht. Er forderte nachdrücklich, eine praktikable und kostengünstigeUmsetzung des neuen Genehmigungssystems für Rebpflanzungen. Dringend erforderlich seien Fortschritte, um die sog.
Lastenhefte für Weine mit geschützten Herkunftsbezeichnungen schneller ändern zu können.
Mit großer Sorge verfolgt der DWV, dass bewährte weinspezifische Regelungen auf Brüsseler und nationaler Ebene aufgegeben und in horizontale lebensmittelrechtliche Regelwerke eingegliedert werden. Weber: "Das schafft Intransparenz und unsachgemäße Anpassungen, die nicht im Sinne der Erzeuger und Verbraucher sind." Weber ging auch kurz auf die Herausforderungen des Klimawandels und der Globalisierung ein, die im nächsten Jahr Hauptthemen des 62. Deutschen Weinbaukongresses (27. bis 30. November 2016) sein werden. Der Klimawandel hatte es in diesem Jahr gut mit den Winzern gemeint: Schädlinge des Vorjahres blieben aus, das Wetter bescherte den Winzern einen Bilderbuchherbst.

Parlamentarisches Weinforum, BERLIN